Beobachtungabend vom 19/20.05.2017

Instrumentarium: 20" f/4,7 (2385mm) Dobson, Canon EOS 70D

Beobachtungsort: Farm Tivoli, Namibia, 1350m Seehöhe


Zeit: 18.00 Uhr - 00.30 Uhr Namibische Winterzeit (UTC+1)

Bedingungen: recht mild mit 5-°C, fst 7m+, sehr gute Transparenz, recht schlechtes Seeing, kaum Wind, sehr dunkel.

Nach 10h Flug, in denen sich im Halbschlaf die Breitengrade am Sitz-Display in unwirklichem Tempo heruntergezahlt haben - war ich wieder da. Namibia. Nicht einmal 2 Jahre sind seit meinem ersten Besuch vergangen und irgendwie ist es so, als wenn man nur kurz weg war. Die Angst vor dem Unbekannten ist gewichen. Dafür ist die Entdeckerlust geweckt. Bevor die erste Nacht beginnt, genieße ich das angenehme Klima am Tag und den starken Kontrast zwischen den Bäumen und Blumen auf dem Gelände und der Strauchsteppe um uns herum. Hier kann man sehr gut zur Ruhe kommen.

Oase Farm Tivoli

Die Vegetation auf dem Farmgelände

Eine Rappenantilope

Mein Setup für die nächsten Nächte in Vorbereitung - der 20"er samt Leiter und Windschutz

Dieses Mal hatte ich den neuen 20"er auf der Farm gemietet, der in hervorragendem Zustand ist. Visuelle Verstärkung gab es dieses Mal durch Oliver Stein, der dafür sorgte, dass der 25" Obession nicht zur Ruhe kam. Natürlich hatte ich in den letzten Wochen wieder die üblichen 2kg Aufsuchkarten vorbereitet, um auch keine Sekunde in die Verlegenheit zu kommen, keine Ideen mehr zu haben. Das T-Shirt war gegen den Pullover getauscht und die ersten Sterne tauchten auf. Die Orientierung funktionierte noch sehr gut - die Highlights um Alpha Centauri, Eta Carinae-Nebel und das Kreuz des Südens waren bereits in der Dämmerung erkennbar. In der ersten Nacht hatte ich noch kein großes Programm geplant - es ging mehr um das Erlebnis Südhimmel.

Setup für die erste Nacht

Während Siggi noch nach dem Rechten sieht wälze ich schon Aufsuchkarten :-)

 

Mit dem 20"er schwenkte ich einige Highlights an. Den tiefstehenden Orionnebel M42, den Tarantelnebel NGC 2070 der seine wilden Bögen zeigte, den riesigen Omega Centauri aka NGC 5139, der bei 88x gerade noch ins Gesichtsfeld passte. Auch dem strahlend hellen Jupiter stattete ich einen Besuch ab, wobei mich das Seeing heute nicht begeisterte.
 
Danach habe ich teils alleine, teils mit Oliver noch nach Deep-Sky-Objekten für das bloße Auge gesucht. Während M 47 als heller Sternknoten auffällig sichtbar war, zeigte sich M 46 etwas schwieriger aber doch deutlich als Nebelfleck. Etwas deutlicher war dagegen wieder M 93 erkennbar, den ich fast mit direkter Sicht halten konnte. Immer wieder erstaunlich ist für mich, wie deutlich M 4 neben dem hellen Anatres sichbar ist. Indirekt ist ein schwacher aber eindeutiger Nebelball erkennbar.

NGC 2736 (Neb) (Vel)

Der im englischen Sprachraum auch als "Pencil-Nebula" oder "Herschels Ray" bekannte Nebel ist das hellste Filament des Vela Supernovaüberests. Ohne Filter ist bei 88x bereits ein extrem langgestreckter, recht schwacher Nebelstreif im reichen Sternfeld erkennbar. Ein sehr ungewöhnlicher Anblick, der weder mit Edge-On Galaxien noch mit Nebeln des Nordhimmels vergleichbar ist. Mit dem O[III]-Filter erwacht das Objekt erst richtig zum Leben. Der Nebel ist nun ziemlich hell und auch der nach Nordwesten gerichtete Ausläufer ist nun gut zu erkennen. Der Hauptteil zerbricht in 2-3 Stücke, die einige hellere Bereiche zeigen. Zudem ist das Objekt nicht gerade sondern gebogen. Fährt man die Umgebung ab, kann man insbesondere südwestlich die nächsten Teil des Vela Supernovaüberests entdecken.

NGC 2736 Sketching

Zeichnung von NGC 2736 am 20" Newton mit UHC/O[III]-Filter

Ruprecht 70/71 (Oc) (Vel)

Meine Aufsuchkarte zeigt hier zwei Sternhaufen. Ein Blick ins Teleskop zeigt jedoch nur noch einen. Spätere Recherche ergab, dass im aktuellen Catalog of Optically Visible Open Clusters and Candidates und auch im Interstellarum Deep Sky Atlas nur noch Ruprecht 71 als existierender Haufen gelistet ist. Im reichen Feld hat der Sternhaufen wenig Kontrast. Er besteht hauptsächlich aus 2 Sternketten mit etwas helleren Sternen, zwischen denen etwas Abstand liegt.

NGC 2660 (Oc) (Vel) 8,8mag

Ein hübscher Sternhaufen. Er liegt zwischen einem 8m und einem 10m-Stern und ist recht kompakt. Bei mittleren Vergrößerungen ist er gerade so aufgelöst. Er besteht hauptsächlich aus schwachen Sternen und sein Zentrum liegt etwas exzentrisch.

NGC 2645 (Oc) (Vel) 7,0mag

NGC 2645 ist ein recht heller aber sternarmer Haufen. Er ist etwas länglich und besteht nur aus 10-12 Sternen. Davon sind zwei recht helle Sterne Doppelsterne.

Den restlichen Abend nutzte ich für Beobachtungen mit dem bloßen Auge.

NGC 6124 (Oc) (Sco) 5,8mag

Bloßes Auge: NGC 6124 befindet sich schon etwas abseits des Milchstraßenbandes, wo der Kontrast hoher ist. Er erscheint mit bloßem Auge als flächiger, ovaler Nebelfleck.

NGC 6397 (Gc) (Ara) 5,3mag

Bloßes Auge: Als einer der hellsten Kugelsternhaufen, ist dieses Objekt fast direkt mit bloßem Auge als runder Nebel erkennbar.

NGC 6067 (Oc) (Nor) 5,6mag

Bloßes Auge: Dieser schöne Sternhaufen ist etwas undeutlich als hellste Stelle der Norma-Milchstraßenwolke erkennbar. Er verschwimmt mit seinen Umgebungssternen und dem hellen Milchstraßenhintergrund zu einem gemeinsamen Fleck.

NGC 6087 (Oc) (Nor) 5,4mag

Bloßes Auge: NGC 6087 ist spürbar leichter als NGC 6067 erkennbar und schon relativ deutlich als flächiger Nebelfleck zu erkennen.

NGC 5822 (Oc) (Lup) 6,5mag

Bloßes Auge: Schwieriges Objekt. Mit Kenntnis seiner Position blitzt ein sehr schwacher Nebel immer wieder auf. Ein Fernglas zur Absicherung ist hilfreich..

NGC 5460 (Oc) (Cen) 5,6mag

Bloßes Auge: Weitab der Milchstraße gelegen handelt es sich um ein überraschend einfaches Objekt für das bloße Auge. NGC 5460 zeigt sich als länglicher, schwacher Nebel.

NGC 4755 (Oc) (Cru) 4,2mag

Bloßes Auge: Das Schmuckkästchen ist einfach mit bloßem Auge als hellerer Sternknoten erkennbar. Je nach Sehschärfe kann er mit dem danebenliegenden Doppelstern auch zu einem länglichen Nebel verschwimmen.

NGC 3766 (Oc) (Cen) 5,3mag

Bloßes Auge:Der helle Sternhaufen befindet sich in einem reichen Feld bei einer Sternkette und verschwimmt mit 1-2 Sterne dieser Kette zu einem gemeinsamen Nebelfleck der recht deutlich sichtbar ist.

Da der Mond bald Aufging und die Müdigkeit vom Flug noch dominierte beendete ich diese erste Nacht der Namibia-Reise 2017 müde aber zufrieden.

Clear skies
Matthias


* Visual Deep Sky Observing by Matthias Juchert: www.Serifone.de *