Herzberger Teleskoptreffen 2002

 

Erster Tag - Freitag, 13.September 2002

Nach Feierabend traf ich mit meinen Beobachtungskollegen Michael "Moonblink.de" Reinke und Martin Dietrich zusammen, und wir machten auf die 11/2 Stunden lange Fahrt über endlose Landstraßen in den Süden Brandenburgs. Begleitet wurden wir von der auch am Tage gut sichtbaren Mondsichel. In Herzberg/Elster angekommen, war ich sehr überrascht - eine wunderschöne Stadt, und auch unsere Unterkunft war exzellent. Der Himmel zeigte sich in wunderbarem tiefblauen Gewand, und die Abendsonne warf ihr rötliches Licht auf die Straßen.

Am Abend stand der erste Höhepunkt auf dem Programm. Das Planetarium Herzberg lud zur Eröffnungsvorstellung. Ein Vortrag des Direktors der Archenhold-Sternwarte Berlin - Prof. Dr. D.B. Herrmann stand auf dem Programm. Unter dem Titel "Sterne der Traumzeit", wurden die Besucher in die Mythologie des Südhimmels, und die ersten astronomischen Aufzeichnungen der Aboriginies entführt. So galt z.B. die Milchstraße als himmlischer Fluss, und der berühmte Kohlensack, war ein in ihm schwimmender Fisch. Wir hatten die seltene Gelegenheit, einmal die Projektion des Südhimmels im Planetarium zu erleben. Da ich vielleicht im nächsten Jahr einen längeren Aufenthalt auf der Südhalbkugel antrete, hat mich dieser Einblick sehr fasziniert. Bis auf die wenigen markanten Konstellationen wie das Kreuz des Südens, oder den Zentaur, war die Orientierung anfänglich komplett verloren, und das Auge begann, sich eigene auffällige Konstellationen zu stricken. 

Der Zeiss-Projektor in der Kuppel des Herzberger Planetariums

Nach Ende der Vorführungen haben wir im Planetariumsgarten noch einige Blicke durch den Zeiss 100/1000-Refraktor auf den Mond geworfen. Leider zogen zu diesem Zeitpunkt schon Wolken auf. Trotzdem wurde nun der Aufstieg zum 37m hohen Wasserturm begonnen, dessen Dach die Sternwarte von Herzberg beheimatet. Hier ist über dem beeindruckenden Panorama der Stadt eine 3-Meter-Kuppel installiert, die ein 12" Meade Schmidt-Cassegrain beherbergt. 

Trotz vieler Wolken ein beeindruckender Blick von der Herzberger Sternwarte

Durch Wolkenlücken konnte ich mit diesem beeindruckenden Gerät nochmals einen Blick auf die Kraterlandschaft des Terminators werfen. Wir hatten Glück und konnten auch noch Uranus einstellen, der sich zu diesem Zeitpunkt sehr dicht bei My Capricorni stand, und sich als kleines blaugrünes Scheibchen zeigte. Es gab nur vereinzelte Wolkenlücken, und so ein 12" in einer Kuppel ist nun mal kein Feldstecher, den man in Sekunden auf ein Objekt richten kann. Passender Weise war nach dem Abstieg der vielen Stufen der Himmel wieder komplett aufgeklart. So machte ich mich mit einigen anderen Amateurastronomen noch im Planetariumsgarten am dorten Refraktor "zu schaffen". Nach 12 Uhr war ich fast ganz allein, und stellte noch beliebte Schauobjekte wie M15, M31 mit den Begleitern M32 und M110, M57 sowie den Doppelsternhaufen im Perseus NGC 884/NGC 869 ein. Der Herzberger Stadthimmel war überraschend gut. Die Milchstraße war ohne Probleme zu erkennen, und trotz einiger ungläubiger Blicke, habe ich auch die Andromedagalaxie noch freisichtig erhascht. Die vielen Gespräche vor dem Planetarium mit Mitgliedern der Herzberger Sternfreunde waren äußerst angenehm - da kann man sich schon auf den nächsten Tag freuen. Damit ließen wir diesen Abend ausklingen, und begaben trotz des transparenten Himmels in die Federn. 

Zweiter Tag - Samstag, 14.September 2002

Nach einem reichlichen, und stärkenden Frühstück ging es noch einmal etwas auf Erkundungstour durch die Stadt. Wir machten einige Aufnahmen von der Sternwarte und dem Planetarium. Holger Knobloch - Leiter des Planetariums, und eine durchweg positive Bekanntschaft, war so nett und ließ uns noch einige Aufnahmen des Gebäudes und des Zeiss-Projektors machen.

Das Planetarium in Herzberg 

Die 3-Meter-Kuppel der Sternwarte von Herzberg - 37m hoch gelegen auf dem Wasserturm der Stadt 

Am frühen Nachmittag brachen wir dann auf zum Bahnsdorfer Berg, etwa 8 Kilometer südlich von Herzberg, auf. Dort hatten sich schon die ersten Teilnehmer zusammengefunden. Was uns Sorgen bereitete, war die immer kräftigere Bewölkung. Zunächst waren jedoch noch einige Sonnenbeobachtungen möglich. Ich konnte mich an interessanten Weiß-Licht-Bildern, und erstmals auch an atemberaubenden H-Alpha-Bildern erfreuen. Die Sonne zeigte sich recht ruhig - nur wenige Flecken waren zu erkennen, und am Rand zeichneten sich kleinere Protuberanzen ab. Das Teilnehmerfeld hielt sich in überschaubaren Grenzen, was ich allerdings als überaus angenehm empfand.  Hier konnte man wirklich überall etwas fachsimpeln. Ganz anders als die relative Anonymität der großen Treffen, wie des ITV.  Erfreulich war auch die hohe Anzahl der schönen alten Zeiss-Refraktoren wie z.B. des Telementors. Toll, daß diese Geräte noch so gut gepflegt werden, denn ihre Leistungsfähigkeit ist für nur 63mm Öffnung wirklich exzellent. 

Je näher der Abend rückte, desto dichter wurden auch die Wolkenfelder. Endlich traf die mit Spannung erwartete "Privatsternwarte" ein. Das derzeit größte transportable Dobson nahm Bauteil für Bauteil Gestalt an. Schon die enorme Rockerbox hätte problemlos als Badewanne dienen können. Als die letzten Elemente dieses Teleskops zusammengesetzt waren, erhob sich vor mir ein fast 5 Meter hoher Ungetüm, mit einem Spiegeldurchmesser von 42,5" - also fast 1,08m.  Obwohl wir mit dem Gerät witterungsbedingt nicht beobachten konnten, waren die Besucher zufrieden, solch ein Monster zumindest einmal aus der Nähe bestaunen zu dürfen. 

Dann begann sogar leicht zu Regnen. Auf drängen meiner Kollegen hatte ich mich dann doch breitschlagen lassen, und mein neues 4" Reisedobson aufgebaut. Plötzlich fand ich mich in einer Traube von Menschen wieder, die mir halfen, den kleinen Dob zusammen zuschrauben. Wir witzelten, daß das ebenso lange dauerte, wie beim Großen. :-) Ich stellte den 4" dann neben den 42,5", und ein kleines Blitzlichtgewitter brach los. Da war der Kleinste plötzlich auch ganz groß.

Der riesige 42,5" Dobson - davor mein 4" Reisedob

Schließlich wurde umdisponiert, und die Schlechtwettervariante stand auf dem Plan. Es waren unter anderem 2 sehr interessante Vorträge von Herr Becker, und Herr Hofner die mit wirklich interessanten Themen die Besucher fesselten. Letzterer wurde plötzlich von einem Zwischenruf unterbrochen - "Sterne!". Was viele anfangs noch für einen Scherz hielten, bestätigte sich dann rasch. Rückseitenwetter! Die Wolken rissen mehr und mehr auf, und präsentierten einen brillanten, sternenklaren Himmel. Schnell wurden die Teleskope wieder aufgebaut, und die Beobachtung begann. Obwohl der Mond noch über dem Horizont stand, war die Milchstraße schon hell und strukturiert erkennbar. Zunächst einmal sah ich mich in den verschiedensten Teleskopen von 2 bis 11 Zoll an M13 und M57 satt. 

Nachdem der Mond verschwunden war,  machten wir uns den Spaß und bestimmten einmal die Grenzgröße.  Wer ein Teleskoptreffen mit wirklich gutem Himmel besuchen will, und vielleicht vom ITV, wo es am Horizont doch deutliche Lichtdome gab, enttäuscht war, der sollte einfach mal das Herzberger Treffen besuchen. Mir war schnell klar, das dieser Himmel doch eine Klasse besser war, als in Westbrandenburg, wo ich etwa um 6m5 freisichtiger Grenzgröße im Zenit erreichten kann. Wir testeten es an Ursa Minor - ein 6m0-Stern - kein Problem, 6m4 - auch vorhanden, 6m6 - mit etwas Konzentration auch noch vorhanden. Ich schätze, es wird wohl im Zenit doch an die 6m8 bis sogar 7m0 herangegangen ist. Die Milchstraße habe ich selten so strukturiert gesehen, M31 war einfach und auffallend, und sogar M33 blitzte ab und an auf - freisichtig wohlgemerkt. Sicher - ich habe gute Augen, aber auch andere Beobachter haben ähnliche Sichtungen gemacht.

Ich machte mit Martin noch einige nachgeführte Aufnahmen vom Schwan. Sein kleines Newton hatte jedoch auch an diesem Abend nicht nur als Nachführeinheit gute Taten verrichtet. Letztlich machten wir noch einige Beobachtungen mit einem Meade 10" LX200 GPS. Ich stehe dieser Technik ja sehr skeptisch gegenüber, und empfinde einfach viel mehr Freude, wenn ich die Objekte selbst aufsuche, aber heute hab ich mich mal hinreißen lassen, einfach in die Steuerung ein Objekt einzutippen, das Teleskop dieses ansteuern zu lassen, und einfach nur noch durchs Okular zu schauen um die Beute zu bestaunen. Und ich gebe zu, es hat mir, zumindest für diese Nacht wirklich Spaß gemacht, auch wenn ich mich wohl nie in der Autoguider-Fraktion anschließen werde. Ich gebe einfach mal einige der Objekte, die ich im 10" bei 173x beobachtet habe zum besten. 

M37 (sehr groß, komplett aufgelöst), M38 (sehr groß, lockere Sternketten), NGC 1907(kompakt, voll aufgelöst), NGC 772 (groß, schwach, heller Kern), NGC 6207 (klein, länglich, bei M13), NGC 1514 + NGC 7023 (jeweils 1 heller Stern umgeben von schwachem Nebel), NGC 7063 (mittelgroß, nur wenige Sterne in einer Kette), NGC 7789 (schön aufgelöst, sehr reich!), NGC 604 (sehr hell, klein, unregelmäßig, Gasnebel in M33!), NGC 7814 (hell, mittelklein, oval), NGC 253 (tief, relativ hell, sehr groß), M77 (sehr klein, sehr hell, ansatzweise Struktur), NGC 1(relativ hell, oval), NGC 2 (nahe NGC 1, sehr schwach, länglich).

Und nun noch 3 Objekte, die ich länger betrachtet habe. 

Stephans Quintett war auch im 10" sehr schwierig. Martin und ich konnten nur NGC 7320 und NGC 7318 A und B eindeutig sichten. Ich habe ab und an die Vierte vermutet. Ein Quintett war es definitiv nicht. Sehr spannend waren noch 2 planetarische Nebel im Schwan, für die ich Testweise meinen UHC-Filter in das 2" Okular schraubte. NGC 7048 war ziemlich schwach aber eindeutig ohne Filter. Auf den UHC sprach er gut an, und wurde deutlich besser beobachtbar. Ich vermutete eine unregelmäßige Form. Noch viel merkwürdiger war NGC 7008. Dieser war viel heller, und für einen Planetarischen Nebel ziemlich groß. Er schmiegte sich an einen helleren Stern an, und zeigte mit UHC-Filter merkwürdige helle Knoten.

Am Ende der Beobachtung war der Orion dann aufgegangen, und sämtliche noch Anwesenden beobachteten den Orionnebel. Auch hier probierten wir mal meinen Filter aus, und der Nebel wurde noch viel deutlicher erkennbar. Im 11" zog sich ein heller Flügel gerade bei hoher Vergrößerung quer durchs Gesichtsfeld - beeindruckend. Wirklich in jeder Optik bot sich ein ganz eigener, aber immer beeindruckender Anblick. Martin und ich brachen dann zurück zu unserer Unterkunft auf, fielen ziemlich geschafft in die Federn. Es war ein wunderbares Teleskoptreffen, und wir werden auf jeden Fall mal wieder in diese schöne Stadt zurück kehren.

Clear Skies

Matthias

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