Beobachtungsnacht vom 22.12.2003

Instrumentarium: - 8" f/6 MEADE Starfinder EQ
                                 
Beobachtungsort:
Mittelmark/Brandenburg 52°19' n.B - 50m Meereshöhe

Bedingungen: Eine schöne und transparente Nacht - trotz der Beobachtung im Garten in Ortsrandlage konnte ich im Zenit Sterne bis 6m5 erkennen. Die -4°C waren aufgrund des nur schwachem Windes durchaus erträglich, auch wenn ich nach 3 Stunden dann doch ziemlich durchgefroren war.


Beobachtung:

Zeit: 22.30 Uhr - 01.30 Uhr MEZ

Ich bemühte meine Ausrüstung rechtzeitig einzurichten, denn für diesen Abend stand ein besonderes Ereignis an:

Sternbedeckung durch Alphonsina (925)?

Für den Abend kurz vor 23 Uhr war für Mitteleuropa eine Bedeckung des 6m2 hellen Sterns SAO 40029 durch den Asteroiden Alphonsina vorhergesagt, und laut vorheriger Berechnungen lag mein Beobachtungsplatz in der Zauche nur ca. 15 Kilometer nördlich des Zentrallinie noch im Bereich der totalen Bedeckung.

So wartete ich am 8" Newton bei 50x gebannt, wie sich die Helligkeit des Sterns entwickeln würde. Die Stoppuhr fest in der Hand, rechnete ich mir gute Chancen aus, das Ereignis dokumentieren zu können. Ich wartete von 22.48 Uhr - 22.55 Uhr, ohne auch nur einmal den Stern aus den Augen zu verlieren, doch es geschah nichts. Nur einmal hatte ich kurz den Eindruck, der Stern sei etwas schwacher geworden. Aber das erhoffte - nämlich die komplette Auslöschung und das sichtbar werden des Asteroiden - blieb aus. Wie sich später herausstellte, hatte sich der tatsächliche Raum der Bedeckung einige Kilometer nach Süd-Osten verschoben.

Deep-Sky-Jagd in der Capella-Region

Nun stellte sich die Frage, was mit dem angebrochenen Abend anzufangen sei. Da ich zum Glück Karten der Umgebung der Sternbedeckung gedruckt, beschloss ich einige Sternhaufen im Fuhrmann zu beobachten. 

Berkeley 14 (Oc) (Aur)

Position: Die Angabe des in Cartes du Ciel integrierten SAC ist viel zu weit nördlich. Auch die Angabe im DAML02 (OVOC) ist etwas zu weit östlich, während die Größenangabe hier richtig ist. Die korrekte Position lautet: 4h59m43s +43°28'43" mit einer Größe von 5'.

Im Newton erscheint bei 126x eine deutliche, "Z"-förmige Verdichtung westlich eines 9m6-Sterns. Es sind etwa 11 schwache Sterne sowie weitere sehr schwache zu erkennen, wobei der Hintergrund immer noch nebelig unaufgelöst erscheint.

Berkeley 15 (Oc) (Aur)

Position: Der SAC 7.2 liegt zu weit östlich. Der DAML02 (OVOC) gibt hingegen Position und Größe korrekt an.

Bei 191x sind 2 parallele Sternketten in Nord-Süd-Ausrichtung erkennbar. Die östlichere, der beiden Ketten enthält 3-4 deutlich hellere Sterne, und hebt sich auch insgesamt besser vom Hintergrund ab. Zwischen den Ketten befindet sich ein weiterer schwacher Stern. Besonders nach Süden hin sind Kondensationen sehr schwacher Sterne sichtbar, die im Okular zu einem Nebel verschwimmen.

NGC 1664 (Oc) (Aur) 7,6mag

Bei 50x ein wunderschöner Anblick. Der Haufen wirkt beinahe dreieckig wie ein Tortenstück, und weist mit der Spitze auf einen 7m5 hellen Stern. An der Spitze entkommt dem Haufen eine markante Sternkette, die sich noch über mehrere Bogenminuten hinweg durch das Feld schlängelt. Bei 98x sind schon über 50 Sterne direkt sichtbar. Einer der schönsten Sternhaufen überhaupt.

*Im Sternbild Perseus setzt sich die Kette der Haufen fort.*

Berkeley 12 (Oc) (Per)

Position: Auch hier liegt der SAC zu weit östlich. Der DAML02 (OVOC) etwas zu weit westlich, jedoch ist auch hier die Größe korrekt. Die korrekte Position lautet 04h44m22s +42°41'05".

Nördlich und westlich eines 11m2-Sterns ist ein insgesamt dreieckiger, sehr schwacher Nebel aus unaufgelösten Sternen sichtbar. Der Eindruck erinnert an einen schwachen Kometen mit sehr hellem Kern. Auch bei hoher Vergrößerung bleibt der Haufen nebulös.

Ruprecht 148 (Oc) (Per)

Ein schwacher, aber bei 126x und indirekter Sicht recht netter Sternhaufen. Um einen 10m0-Stern erscheint besonders nach Westen hin ein kleiner schwacher Nebel. Zudem sind im Norden und Westen des Sterns noch etwa ein Dutzend verstreuter Sterne zu finden. Ansonsten wirkt der Haufen vergleichsweise sternarm.

NGC 1605 (Oc) (Per) 10,7mag

Im Feld von NGC 1605 erscheinen 2-3 Kondensationen unterschiedlicher Auffälligkeit. Westlich des Haufens befindet sich ein markanter, recht gedrängter Sternbogen aus 3-4 helleren und weiteren, schwächeren Sternen. Der Haufen selbst erschein als sehr schwache Sternansammlung, die zumeist nebelhaft bleibt und erst bei hoher Vergrößerung einige Sterne zeigt.

*Dann ging es zurück ins Sternbild Auriga, um in der Nähe von Capella nach weiteren Haufen zu suchen.*

Berkeley 18 (Oc) (Aur)

= King 22. Ein sehr ungewöhnlicher Sternhaufen, etwa 1° südöstlich von Capella. Der Haufen wurde im Jahre 1960 entdeckt (Berkeley), und ein Jahr später nochmals von Ivan King als neuer Haufen in den King-Katalog als Nummer 22 aufgenommen. Erst nach längerer Beobachtung hebt sich das Objekt als größerer, sehr schwacher Nebelfleck aus dem dichten Sternfeld heraus. Dann ist er mit indirektem Sehen dauerhaft zu halten, bleibt aber hinter den verstreuten Vordergrundsternen unaufgelöst. Bei 98x lässt sich eine dezente Helligkeitszunahme zu Zentrum hin feststellen.

NGC 1883 (Oc) (Aur) 12,0mag

Der Haufen erscheint bei 126x schwach, aber indirekt deutlich im reichen Milchstraßenfeld. Von einem 10m1-Stern zieht sich nach ein nur teilweise in Sterne aufgelöster Nebel nach Norden, um wenig später scharf nach Osten abzubiegen. Insgesamt ergibt sich eine dreieckige Haufen-Form. Mehr als ein halbes Dutzend Sterne sind bei hoher Vergrößerung aufgelöst.

NGC 1798 (Oc) (Aur) 10,0mag

Das DSS-Bild zeigt an der Position von NGC 1798 einen schönen Haufen. Kaum zu glauben, das dieser im alten RNGC von Sulentic und Tifft als "nonexistent" klassifiziert wurde. Visuell ist der Sternhaufen nur sehr schwach und zumeist nebulös erkennbar. Er zeigt eine deutliche West-Ost-Elongation, wobei die Helligkeit nach Osten hin leicht ansteigt. Mit indirektem Sehen sind bei 126x etliche sehr schwache Sterne aufgelöst. Phasenweise erscheint der Haufen auch unregelmäßig, oder in 2 Regionen geteilt.

Neue Eroberungen für das Cassiopeia-Projekt

Das Projekt "Offene Sternhaufen in der Cassiopeia" von Martin Schoenball und mir läuft gut, und wir haben zusammen bereits einen Großteil der Sternhaufen beobachtet. Allerdings finden sich bei etlichen Einträgen nur 2,5"-Beobachtungen, und mit 5,5" mehr, kann ein Haufen durchaus einen komplett anderen Eindruck machen. Daher begann die Suche bei Gamma Cassiopeia, und führte mich zu alten Bekannten... 

NGC 433 (Oc) (Cas) 10,0mag

= Stock 22. Um einen 9m3-Stern gruppiert sich ein netter kleiner Sternhaufen. Bei 50x zeigt er sich allenfalls angelöst. 98x sind nötig, um die vielen schwachen Sterne, die den "Hauptstern" umringen, aufzulösen. Eine kurze Sternkette zieht sich vom Zentrum des Haufens nach Süd-Westen.

NGC 436 (Oc) (Cas) 8,8mag

Ein gedrängter, schöner Sternhaufen mittlerer Sternzahl. Mit etwas Fantasie kann man im umkehrenden Fernrohr die Ziffer "2" oder auch einen schwimmenden Schwan in den hellsten etwa 20 Haufensternen erkennen. Um die hellen Sonnen blitzen bei 126x etliche schwächere Sternchen auf, die den Eindruck nochmals steigern.

*Ein Abstecher zum wunderschönen NGC 457 (dem "Eulenhaufen") habe ich auch noch gemacht, bevor es wieder mit unbekannteren Objekten weiterging.

NGC 657 (Oc) (Cas) 

John Herschel: "A ** (=h2070), the chief of a p rich loose cl; sts 12"

Dieser, häufig als "nonexistent" aufgeführte Haufen, lässt sich mit der visuellen Beobachtung eindeutig verifizieren. Bereits bei 50x ist etwas südwestlich eines hellen Doppelsterns eine kleine Sternkondensation ausmachen, die trotz des reichen Milchstraßenfeldes hervorsticht. Bei 126x zeigt sich eine längliche Gruppe aus etwa 8 helleren Sternen. Nach Nord-Westen und Süd-Westen finden sich in etwas Distanz weitere Sternverdichtungen. 

NGC 743 (Oc) (Cas) 9,5mag

Der helle Sternhaufen bildet mit den den SAO 22785 (7m8) und  SAO 22796 (8m6) ein größeres, mit dem rechten Winkel nach Osten weisendes Dreieck, wobei der Haufen selbst im rechten Winkel platziert ist. Bei 98x sind 23 mittelhelle, und helle Sterne in geringer Komprimierung erkennbar. NGC 743 ist somit auch ein schönes Objekt für kleine Öffnungen und geringe Vergrößerungen.

*Den Schlussakzent setzt in dieser Nacht eine Beobachtung im Sternbild Perseus.*

NGC 744 (Oc) (Per) 7,9mag

Schön eingerahmt zwischen 2 Doppelsternen, einem Dreifachstern und dem 7m9 hellen SAO 22809, findet sich bereits bei geringer Vergrößerung ein deutlicher und heller Sternhaufen. Bei 126x ist ein Großteil der Haufenmitglieder aufgelöst, wobei neben etlichen helleren Sternen auch einige schwächere Sonnen aufblitzen. Insgesamt wirkt die Anordnung etwas länglich bis rechteckig.

Mittlerweile war es fast 1.30, und da ich um halb 7 schon wieder aus dem Bett musste, war es höchste Zeit, den Abend zu beenden. Aber es hat sich mal wieder ausgezahlt, einige Sternkartenausdrucke vorrätig zu haben, denn auch wenn das ursprüngliche Beobachtungsprojekt fehl schlägt, ist immer noch eine schöne Beobachtungsnacht garantiert.

Clear Skies
Matthias


Visual Deep Sky Observing and CCD-Imaging: www.Serifone.de