Beobachtung in Neuseeland am 16.02.2014

Instrumentarium: - 4" Reisedobson, 8-24x50 Zoom Fernglas, Canon EOS 400D

Beobachtungsort: Waitangi/Paihia, Bay of Islands, Nordinsel Neuseeland - 35° südliche Breite, 10m Seehöhe


Zeit: 21.30 Uhr - 23.30 Uhr NZDT

Bedingungen: recht warm mit 15°C, fst 5m0, starke Aufhellung durch den Vollmond, leichter Wind, durchziehende Wolkenfelder.

Im Rahmen eines Neuseeland-Urlaubs hatte ich Anfang 2014 erstmals Gelegenheit, den gesamten, südlichen Sternenhimmel kennenzulernen. Es war zwar kein reiner Astrourlaub, doch trotzdem hatte ich meinen 4" f/6 Reisedobson mit dabei und hoffte in den ländlichen Regionen auf den einen oder anderen netten Abend mit Blick aufs Kreuz des Südens.

Neuseeland als Beobachtungsplatz

Neuseeland-Flage

Neuseeland hat zwar nur 2/3 der Fläche Deutschlands, jedoch ist die Entfernung zwischen nördlichstem und südlichstem Punkt der beiden Hauptinseln mit 1600km fast doppelt so lang. Damit erstreckt es sich vom 34 Grad (etwa die Breite Kapstadts) bis zum 46 Grad südlicher Breite und deckt damit mehrere Klimazonen ab. Aus astronomischer Sicht ist das natürlich fantastisch, da man hier noch bis zu 25 Breitengrade südlicher ist, als an den bekannten Südhimmel-Beobachtungsplätzen wie z.B. Namibia. Zudem leben in Neuseeland nur knapp 4,5 Millionen Menschen- davon allein 1/3 in der größten Stadt Auckland. Zudem gibt es kaum Schwerindustrie und durch die isolierte Lage und die stetigen Winde ist die Luft sehr klar. Das Wetter ist allerdings auch der große Unsicherheitsfaktor und lange, stabile Phasen sind selten.

Die erste Beobachtungschance ergab sich 2 Tage nach meiner Ankunft im subtropischen Norden der Insel. Ich hatte mir im voraus mit Google Street View schon potentielle Beobachtungsplätze in der Nähe der Unterkunft gesucht. Auch der sehr helle Mond konnte mich nicht aufhalten. Da draußen war Südhimmel und dieser Gedanke lies jeglichen Jetlag verfliegen.

Der 4" Reisedobson vor dem Hotel in Paihia

Mein Beobachtungsplatz lag auf einer großen, gepflegten Rasenfläche gegenüber der Waitangi Treaty Grounds. Hier wurde mit dem Vertrag von Waitangi Neuseeland in seiner heutigen Form begründet. Es war also ein besonderer Platz, an dem ich hier im Gras hockte. Die erste Orientierung war schwieriger als erwartete. Sterne, die in Mitteleuropa an der Horizontlinie liegen stehen hier hoch am Himmel. Der Große Hund befindet sich nördlich des Zenits und Orion tief am Nordhimmel! Und der Südhimmel? Alpha und Beta Centauri (oder "The Pointers" wie sie hier genannt werden) bilden mit dem Kreuz des Südens einen auffälligen Anhaltspunkt. Auch das "Falsche Kreuz" (False Crux) zwischen Vela und Carina ist markant. Dann natürlich die beiden hellen Sterne Achernar und Canopus, aber das war es dann schon so langsam. Ein großer Teil des südlichen Himmels erscheint als relativ sternarme Zone.

Alpha + Beta Centauri und das Kreuz des Südens in der späten Dämmerung bei Vollmond

NGC 4755 (Oc) (Cru) 4,2mag (Schmuckkästchen/Jewel Box)

Als erstes Objekt peilte ich das berühmte Schmuckkästchen an. Bereits im Sucher ist der Sternhaufen aufgelöst. Der erste Anblick ist nach jahrelangem, gespannten Warten durch ein 4" Teleskop bei Vollmond zunächst etwas ernüchternd. Bei 24x zeigt sich ein heller Sternhaufen, der von einer dreieckigen Form heller Sterne dominiert wird. Bei Aufsuchvergrößerung ist auch noch der 1m helle Beta Cru im Feld, weiß den Anblick reizvoll macht. Innerhalb des Sterndreiecks findet sich eine helle Dreierkette aus hellen Sternen. Der nördlichste Stern dieser Kette ist der "sagenumwobene", rote Stern, der zur Farbvielfalt in NGC 4755 beiträgt. All diese hellen Sterne bilden den hellen, sternarmen Nordteil des Haufens und projezieren sich auf zahlreiche, schwächere Sterne im Süden. Bei 100x sind insgesamt 20-25 Sterne erkennbar. 

Alpha Centauri (Ds) (Cen) 0,0mag/1,4mag - Distanz 4,4" (2014)

Der Positionswinkel beträgt zum Zeitpunkt annährend 270°. Der Begleiter steht also genau westlich des Hauptsterns. 

Southern Milky Way 

Kreuz des Südens und Carina-Milchstraße bei Vollmond

Im 10x50 Fernglas bot der Komet den besten Anblick und ein schöner Vergleich zwischen Kometenkopf und M 13 bot sich an. Lovejoy war merklich heller als M 13 und ich würde den Kometen auf etwa 5m4 schätzen. Der Schweif wuchs auf über 3° Länge an und war sehr beeindruckend.

Danach kam das eigentliche Highlight der Nacht - ich wollte schon seit längerem eine nachgeführte Aufnahme des Kometen gewinnen. Mangels Nachführung befestigte ich das Fotostativ in abenteuerlicher Art und Weise einfach am Refraktor und kurbelte an der Feineinstellung wie in der guten, alten Zeit händisch nach. Immerhin sind 2 von 10 Aufnahmen brauchbar geworden, so dass ich folgendes Bild gewinnen konnte.

Die restliche Nacht widmete ich mich Jupiter und einigen Nebeln und Sternhaufen.

Jupiter

Bei relativ gutem Seeing zeigte sich Jupiter nahe der Opposition in ganzer Pracht. Ich entdeckte bei 84x einen kleinen, schwarzen Fleck im südlichen Band, der sich bei der späteren Rekonstruktion als Schattenwurf des Mondes IO herausstellte.

M 67 (Oc) (Cnc) 6,9mag

Bloßes Auge: Der Sternhaufen ist überraschender Weise mit bloßem Auge sichtbar. Er befindet sich in einer Sternkette, die von Alpha Cnc nach Osten zieht. Indirektes Sehen ist allerdings notwendig.

10x50 Fernglas: Bereits in zahlreiche Sterne aufgelöst. Schöner Anblick.

2,5" Refraktor: Sehr schön bei 21x und 34x im Teleskop. Der Haufen besitzt eine länglich-ovale Gesamtform und ist selbst bei niedriger Vergrößerung vollständig in einen dicht gedrängten Haufen mittelheller und schwacher Sterne aufgelöst. Der helle Stern am Rand des Sternhaufens ist sehr charakteristisch.

M 48 (Oc) (Hya) 5,8mag

Bloßes Auge: Für das freie Auge heute ein herausforderndes Objekt und nur sehr schwach als Nebelfleck erkennbar. Indirektes Sehen notwendig.

10x50 Fernglas: Wunderbar aufgelöst. Im Zentrum dicht gedrängte, hellere Sterne. Um diese verstreuen sich zahlreiche schwächere Sterne in lockerer Form.

M 44 (Oc) (Cnc) 3,1mag

Bloßes Auge: Sehr heller, runder Nebelfelck mit bloßem Auge. Es ist bereits Struktur angedeutet, aber die Sterne sind zu schwach und zu gedrängt für die Auflösbarkeit.

2,5" Refraktor: Im Teleskop schon bei 21x fast unscheinbar. Nur ein reiches Feld heller Sterne.

NGC 3242 (Pn) (Hya) 7,7mag

2,5" Refraktor:Bei 21x einfach als Nebelstern erkennbar. Bei 84x zeigt sich ein kleines, ovales Scheibchen. Die mintblaue Farbe ist nicht zu übersehen.

NGC 4361 (Pn) (Crv) 10,9mag

2,5" Refraktor: Dieser südliche PN ist kein einfaches Objekt für 63mm Öffnung. Er zeigt sich bei 34x als schwache, relativ kleine, rundliche Nebelscheibe. Der Nebel reagiert gut auf den UHC-Filter. Es ist allerdings keinerlei Struktur greifbar und das Objekt bleibt diffus.

Gegen 6 Uhr begann es langsam zu dämmern und ich machte mich auf den Rückweg. Die Straße war in noch schlechterem Zustand als bei der Auffahrt und durch die Glätte nicht ungefährlich. Nach einigen Kehren blendete mich ein Auto und ein Mann kam auf mich zu. Es war ein Bauer von einem der Gehöfte auf der Ebenwaldhöhe. Er wollte wohl die Milch ins Tal bringen und aufgrund der Glätte hat sich sein Anhänger überschlagen. Der Milchcontainer lag etliche Meter bergab mitten auf der Straße. Er bat mich, dem im Tal wartenden Tanklaster (der "Milchchauffeur") auszurichten, das er nicht mehr kommt. Das erledigte ich gern für ihn, bevor ich mich wieder zurück ins nebelige Wien auf machte.

Clear skies
Matthias


* Visual Deep Sky Observing and CCD-Imaging - by Matthias Juchert: www.Serifone.de *