Instrumentarium:
- 12,5"
GAT Dobson
Beobachtungsort: Wechsel
- Kampsteiner Schweig / Österreich 47°33' n.B - 1400m Seehöhe
Beobachter: Matthias Juchert, Harald Rottensteiner
Bedingungen: Exzellente Bedingungen oberhalb von Hochnebel und Dunst. Sehr gute Durchsicht, gutes Seeing. Zudem war es trotz der Höhe des Beobachtungsplatzes absolut windstill und mit 11°C zu Ende der Beobachtung sogar sehr mild. Im Tal war es deutlich frischer. Die Grenzgröße schätzte ich auf etwa 7m0, da der 6m7-Stern-Kastenstern im tiefstehenden UMi relativ deutlich erkennbar war und wir eine große Anzahl von Deep-Sky-Objekten mit bloßem Auge erkennen konnten. Besonders schön war hierbei die Sichtung eines "Deep-Sky-Dreiecks", dass M 31, M 33 und NGC 752 aufspannen. Wenn man in die Mitte dieses Dreiecks blickt, konnte man alle 3 Objekte gleichzeitig mit bloßem Auge erkennen. An Aufhellung war einzig eine Lichtglocke (vermutlich Neunkirchen) am Nordost-Osthimmel erkennbar. Ansonsten war es sehr dunkel und vom Wiener Becken her leuchtete nichts durch den Hochnebel.
Beobachtung:
Zeit: 20.00 Uhr - 23.15 Uhr MESZ
Nachdem wir am Vortrag (Bericht folgt) Pech hatten und auf der Hohen Wand die meiste Zeit knapp unterhalb bzw. innerhalb der Hochnebeldecke festsaßen, bereiteten wir uns auf diese Nacht besser vor. So ging es am Nachmittag auf eine kleine Wanderung zum Wechsel, um die Höhe der deutlich bemerkbaren, herbstlichen Dunstschicht zu erkunden. Schnell war klar, dass die Hohe Wand mit ihrer Seehöhe von 1000m auch an diesem Abend eine schlechte Wahl wäre. Selbst auf 1200m war man noch immer innerhalb der Inversionsschicht.
Inversion wie im Lehrbuch auf 1200m - hier wird sich am Abend Hochnebel bilden
Wir mussten also hoch hinaus. Harry schlug das fast 1800m hohe Stuhleck vor. Hier liegt der Beobachtungsplatz bereits oberhalb der Baumgrenze, ist jedoch mit dem Auto erreichbar. Auf dem Weg dort hin bemerkten wir plötzlich eine dichte Hochnebeldecke über den Bergen im Westen, die deutlich über 1000m hinaus reichte. Nach einigen Kilometern in der Steiermark war es dann aus mit dem blauen Himmel - plötzlich herrschte typisch graues Novemberwetter. Auch die Auffahrt zum 1372m hohen Pfaffensattel - einem Bergpass von dem aus die Mautstraße zum Stuhleck abzweigt - führte uns nicht zum erhofften. Das Stuhleck lag mitten in der hochnebelgefährdeten Zone - die Wolkenbänke in Sichtweite. Wie sich später herausstellte hatte die Hochnebeldecke ihren Ausgangspunkt im Grazer Becken, hatte sich aber noch nicht mit den Hochnebelschwaden im Wiener Becken und am Neusiedler See vereinigt. Nachdem die Passhöhe nach Norden Richtung Semmering überwunden war, herrschte dann aber wieder strahlender Sonnenschein.
Blick vom 1372m hohen Pfaffensattel auf die Hochnebeldecke im Westen
Blick zu den Bergen am Semmering mit deutlichen Dämmerungsstrahlen
Nachdem wir uns beim Abendessen gestärkt hatten, stand der Entschluss, die Auffahrt zur Kampsteiner Schweig zu wagen. Sie befindet sich östlich des Stuhleck am Wechsel und weckte mit einer Seehöhe von 1400m die Hoffnung, einen Platz über dem Dunst zu finden. Die Anfahrtszeit von Bad Vöslau ist mit insgesamt einer Stunde schon recht lang und die Auffahrt ist, um es mit Harry's Worten zu sagen "rustikal". Als wir aber oben auf der Wiese standen, hatte sich all die Anstrengung gelohnt - der Sternenhimmel war gigantisch.
Blick auf die Sommermilchstraße und den über den Hochnebel hinausragenden 2076m hohen Schneeberg (15sec belichtet)
Der
Andromeda-Nebel und seine Begleiter
Die erste halbe Stunde war noch einmal den Objekten gewidmet, die wir bereits am Vortag unter erheblich schlechteren Bedingungen auf der Hohen Wand im Fokus hatten. In meinem Beobachtungsbuch findet sich die Zeile "WAHNSINN im Vergleich zu gestern". Hier merkt man ganz deutlich den Unterschied zwischen einem 6m4 und einem 7m0-Himmel.
M31 (NGC 224) (Gx) (And) 3,5mag
Kein Vergleich zu den Beobachtungen gestern. Man merkt auf den ersten Blick, dass man den Halo der Galaxie deutlich weiter nach außen verfolgen kann - z.B. in Richtung M 110. Ganz deutlich sind auch die beiden Staubstreifen nördlich des Kerns. Das innere Band kann man bis in die Außenbereich der Galaxie verfolgen. Sogar die Windungen der Staubbänder sind erkennbar! Die Sternwolke NGC 206 sticht regelrecht aus dem Nebel heraus und zeigt warum dieses Detail eine eigene NGC-Nummer erhalten hat. Zwischen dieser Sternwolke in dem Kern finden sich besonders filigrane Staubstrukturen. Die Südwestseite der Galaxie ist weitaus ruhiger und zeigt kaum Struktur. Dafür funkelt hier der helle Begleiter M 32 in aller Brillanz. Auch die Erscheinung von M 110 ist bemerkenswert. Wie eine Miniaturversion von M 31.
*Dann weiter zu den anderen hellen Begleitern NGC 185 und NGC 147*
NGC 185 (Gx) (And) 9,3mag
NGC 185 profitiert überraschend wenig von den besseren Bedingungen. Das Objekt bleibt ziemlich hell, oval und zeigt eine sanfte Zentralaufhellung. Die Dunkelstruktur ist bei mittlerer Vergrößerung weiterhin am Limit - immerhin kann ich sie wieder an der selben Stelle erahnen, wie am Vortag.
NGC 147 (Gx) (And) 9,4mag
Der schwächere, der beiden M 31-Begleiter zeigt sich als große, lichtschwache Aufhellung. Im Vergleich zu bisherigen Beobachtungen erscheint das Objekt heute erstaunlich deutlich. Der Nebel ist merklich größer und stärker elongiert, als NGC 185. Heute ist auch der 14m-Stern, der sich direkt westlich neben dem Zentrum befindet erkennbar.
*Wir konnten unser Glück kaum so richtig fassen. Immer wieder betrachteten wir teils überglücklich, teils misstrauisch den Himmel. Harry meinte: "Da beim Mars zieht was durch". Ich schaute und sah westlich von Mars eine schwache diffuse Wolke - aber sie zog nicht. Ich dachte mir nichts weiter dabei. Erst einige Tage später kam ich drauf, dass wir zufällig den Gegenschein beobachtet hatten!! Das spricht für den Himmel.*
Auf den Spuren von Arp
Da ich momentan zusammen mit Uwe Glahn und Martin Schoenball am Arp-Beobachtungsprojekt arbeite, hatte ich mir einige potenielle Kandidaten für den Herbsthimmel ausgedruckt und Harry vorgeschlagen. Dank der günstigen Aufsuchroute entschieden wir uns für einige Objekte im Pisces. Das erste Paar trägt auch die Bezeichnung Arp 284.
NGC 7714 (Gx) (Psc) 12,2mag
NGC 7714 ist bereits bei 47,5x einfach als kleiner, runder Nebel erkennbar. Das Zentrum ist sehr klein und deutlich aufgehellt. Keine Dunkelstruktur erkennbar. Der helle Stern 16 Psc im Gesichtsfeld beeinträchtigt die Wahrnehmung kaum.
NGC 7715 (Gx) (Psc) 14,1mag
Ein ziemlich schwieriges Objekt - selbst mit 12,5"! Indirekt ist bei 169x in 30-40% der Zeit ein schwacher länglicher Nebelstreif erkennbar, der in Richtung der Nachbargalaxie NGC 7714 elongiert ist. Das Zentrum ist etwas heller als die Außenbereiche. Die beiden Galaxien sind visuell nicht miteinander verbunden.
NGC 7714/ 7715 - Zeichnung am 12,5"-Newton bei 169x - M. Juchert
NGC 7783 (Gx) (Psc) 13,0mag
= Arp 323 oder Hickson 98. Sehr merkwürdiges Objekt. Bei 47,5x bereits einfach als länglicher Nebel im Glanz eines Sterns erkennbar. Ab 96x
sind 2 helle Knoten (NGC 7783A= MCG+00-60-058 und NGC 7783B=MCG+00-60-059) im Nebel sichtbar. Ab 169x
ist dann zwischen beiden hellen Knoten noch ein schwächerer erkennbar. Es
handelt sich also um insgesamt 3 Knoten in einer Linie + mind. 1 sehr schwache
Begleitgalaxie (NGC 7783C) mit indirekter Sicht. Insgesamt zweifellos ein einzigartiger Anblick!
IC 1507 (Gx) (Psc) 13,7mag
Diese Galaxie zeigt sich relativ unspektakulär als kleiner länglicher Nebel mit hellem Zentralbereich. Bei 47,5x erscheint das Objekt noch ziemlich schwach und setzt indirekte Sicht voraus. Mit höherer Vergrößerung verbessert sich der Kontrast deutlich.
M 74 (NGC 628) (Gx) (Psc) 9,1mag
Bei diesen Bedingungen erwacht die Messier-Spirale langsam zum Leben. Das Objekt erscheint hell und sehr groß. Bereits bei 47,5x und 96x sind indirekt die Spiralarme sichtbar. Sie winden sich deutlich entgegen des Uhrzeigersinns. Am einfachsten ist der südliche Arm erkennbar. Er ist durch einen dunklen Einschnitt deutlich vom Zentrum separiert und erstreckt sich bis fast zu einem helleren Stern. Im Norden ist etwas eng anliegend, ein weiteres, recht stark gewundenes Fragment eines Arms erkennbar. Was mir bei der Sichtung nicht klar war - es handelt sich um den Ausgangspunkt des bereits beschriebenen südlichen Arms. Vermutlich verhindert ein Stern die durchgängige Sichtbarkeit des Arms. Erst nach längerer Beobachtung erschließt sich westlich des Kerns noch ein kurzer Ansatz eines Arms, der allerdings nicht dauerhaft zu halten ist. Insgesamt sind die Arme von M 74 keine leichten Details (erheblich schwerer als z.B. die Arme von M 51) und erfordern neben ausreichend Öffnung auch entsprechende Himmelsqualität.
M 74 - Zeichnung am 12,5"-Newton bei 96x und 169x - M. Juchert
Ausgedehnte Nebelfelder in der Cassiopeia
Im Ostteil des Sternbildes Cassiopeia erstrecken sich zwei interessante Nebelfelder, die mir das erste Mal 2001 auf einigen meiner in Kärnten aufgenommenen Strichspuraufnahmen ins Auge stachen. Es handelt sich um die Nebelgebiete um IC 1805 und IC 1848. Besonders das erste Objekt kostete uns wohl fast 1 Stunde Beobachtungszeit, nach der wir dann fast zwangsläufig abbrechen mussten - zu zahlreich waren die Details.
NGC 896 (Neb) (Cas)
IC 1795 (Neb) (Cas)
Am 3. November 1787 entdeckte W. Herschel mit
NGC 896 den ersten und zugleich auch hellsten Teil des IC 1805-Komplex. In der
Literaturangabe findet sich direkt neben NGC 896 noch ein zweiter Eintrag mit
der Bezeichnung IC 1795. Wie mir Wolfgang Steinicke schrieb, wurde IC 1795
fotografisch von E.E. Barnard aufgefunden und beschreibt den gesamten
nordwestlichen Bereich des Nebels, inklusive des hellsten, visuell entdeckten
Knotens NGC 896. Für visuelle Beobachter ist IC 1795 wegen seiner Emission
eher von untergeordnetem Interesse.
NGC 896 ist bereits ohne Filter als großer, mäßig heller Nebel erkennbar.
Mit dem [OIII] verstärkt sich der Kontrast enorm und NGC 896 zergliedert sich
in Einzelteile. Ausgangspunkt der Beobachtung ist der 10m-Stern
TYC4050-02597-1, der mit drei helleren Sternen ein markantes Trapez bildet.
Direkt nördlich dieses Sterns als auch etwas westlich finden sich zwei
separate, helle Nebelflecken, die aus dem Hintergrundnebel besonders
hervortreten. Direkt nördlich vom "nordwestlichen Trapez-Stern" SAO
12287 findet sich ein dritter ziemlich deutlicher Nebel. Weitere schwache
Schleier deuten sich an. Das Objekt sieht visuell vollkommen anders aus, als
es die meisten Fotografien vermuten lassen. Am besten lässt sich die
Beobachtung noch mit diesem
schönen Komposit nachvollziehen.
IC 1805 (Neb+OC) (Cas)
Der riesige IC 1805-Komplex, der auch den hellen Knoten NGC 896 mit einschließt, ist eine Fundgrube für Beobachter. Mehrere Sternhaufen befinden sich innerhalb der Grenzen des Nebels. Der zentrale Sternhaufen trägt ebenfalls die Bezeichnung IC 1805 und tritt relativ deutlich hervor. In seinem Einzugsbereich sind mit [OIII]-Filter interessante Strukturen zu erfassen. Die hellsten Nebelfetzen liegen im Ostteil des Sternhaufens. Den berühmten Nebelring von IC 1805 kann man mit dem einem großen Fernrohr nur in Fragmenten erfassen, wobei der [OIII] wiederum eine Hilfe ist. Sehr deutlich sind der südwestliche Teil des Rings zwischen den Sternhaufen Tombaugh 4 und Stock 7, sowie der zentrale Ostteil. Die nördlichen und südöstlichen Bereiche scheinen dagegen kaum auf den [OIII] anzusprechen. Insgesamt einfach ein irres Nebelfeld.
IC 1848 (Neb+OC) (Cas)
Collinder 33 (=Collinder 34) (OC) (Cas)
Das ebenfalls recht ausgedehnte Nebelfeld mit der Bezeichnung IC 1848 ist visuell deutlich schwächer und weniger beeindruckend als die Nachbarregion IC 1805. In die Nebelzone sind zwei schwach ausgeprägte Sternhaufen eingebettet - IC 1848 im Westteil und Collinder 33 = Collinder 34 im Ostteil. Interessant und recht deutlich ist mit [OIII] eine Nebelbahn die sich vom Westen des Haufens IC 1848 in den Norden windet und um den Sternhaufen einen spürbaren Bogen macht. Weiter östlich sind noch zwei separate Fragmente erkennbar. Das eine hell und sehr deutlich in der nähe eines Dunkelbereichs und das andere recht schwach ausgeprägt nördlich von Collinder 33. Auch hierzu gibt es im Netz wieder ein Komposit aus [SII], HAlpha und [OIII] mit dem sich die Sichtungen vergleichen und bestätigen lassen. Die blau dargestellten [OIII]-Bereiche waren auch bei der visuellen Beobachtung mit dem OIII-Filter die deutlichsten.
NGC 278 (Gx) (Cas) 10,7mag
Eine helle Galaxie mittlerer Ausdehnung. Das Zentrum tritt bei 169x sehr hell hervor. Mit indirekter Sicht sind deutliche Ansätze von Struktur im Halo der Galaxie erkennbar. Allerdings treten die Spiralarme aufgrund der Kompaktheit des Objektes nicht deutlich hervor.
Ein Blick auf die Uhr verriet, dass wir die Sommerzeit wirklich (wie Harry meinte) bis zur letzten Sekunde ausgekostet hatten. In einer großen Abschlussrunde nahmen wir noch M 35 samt Hintergrundsternhaufen NGC 2158 aufs Korn. Das fulminante Highlight war sicherlich M 42. Egal ob mit oder ohne Filter - das Feindetail raubt mir wohl auch nach dem 1000 Blick auf den Nebel immer noch den Atem. Als Schlusspunkt und zum Leidwesen unserer Adaption hatten wir es auf die brillant strahlenden Mars (1 Woche vor der Opposition!) abgesehen. Dieser zeigte nun endlich (nach 2-3 eher ernüchternden Beobachtungen) das entsprechende Feindetail. Das Seeing war scheinbar gut. Leider zeigte uns der rote Planet nicht seine aufregendste Seite. Nichts desto trotz war dies wohl meine bislang schönste Beobachtungsnacht des Jahres.
Clear skies
Matthias
* Visual Deep Sky Observing and CCD-Imaging: www.Serifone.de *