Beobachtungsnacht vom 29/30.7.2003

Instrumentarium: - 8" f/6 MEADE Starfinder EQ, 2,5" f/13,3 Zeiss Refraktor
                                 
Beobachtungsort:
Mittelmark/Brandenburg 52°19' n.B - 50m Meereshöhe

Bedingungen: Seit einem Monat endlich wieder sehr gute Beobachtungsbedingungen. Die Mitternachtsdämmerung ist endlich vorbei. Grenzgröße in Ursa Minor 6m7! Die Milchstraße im Schwan habe ich selten so gut gesehen. Extrem zergliedert von etlichen Dunkelwolken und sehr, sehr hell. M8, h und Chi Persei und das Duo NGC 6633/IC 4756 waren einfache Objekte für das bloße Auge. Leider war die Nacht durch die Regenfälle des Vortages relativ feucht, aber die Okulare hielten tapfer durch.


Beobachtung:

Zeit: 23.30 Uhr - 03.30 Uhr MESZ

Ich war Deep-Sky-technisch extrem ausgehungert. Seit Wochen erst keine brauchbaren Bedingungen, dann wieder ein störender Mond usw. Doch an diesem Abend war keine einzige Wolke am Himmel und die Nacht war fantastisch. Leider musste ich jetzt dank hohem Maisfeld am angestammten Platz in einen nahen Windpark ausweichen. Der Platz ist zwar nicht ganz so dunkel, aber an sich ideal zum Beobachten geeignet. Dann ging es los - ich hatte heute extra 2 Teleskope mitgenommen, um den Hunger auf Nebel und Sternhaufen zu stillen.

Aqulia - der Adler

An sich dachte ich immer, das Sternbild Adler bietet nicht viel für den Beobachter - kein Messier-Objekt und die wenigen hellen NGC-Haufen waren schon mehrfach mit dem 2,5" beobachtet. Und das obwohl sich Aqulia so großzügig vor Milchstraße breit macht?! Aber weit gefehlt. Als ich etwas in der DSD und der NSOG stöberte, sind jede Menge potentielle Beobachtungsziele auf den Plan getreten - keine Frage: Der Adler ist ein tolles Terrain für die ausgedehnte Deep-Sky-Jagd und er hält etliche Überraschungen bereit.

NGC 6837 (Oc) (Aql) 12,0mag

2,5": Mit 84x Vergrößerung sind indirekt nur einige sehr schwache verstreute Sterne erkennbar. Diese scheinen noch hinterlegt von einem schwachen Nebel, nicht auflösbarer Sterne.

8": Bei 50x wirkt der Haufen fast nebulös, aber ab 98x ist er schon aufgelöst. In Nord-Süd-Richtung erstreckt sich eine deutliche Sternkette. Mit indirekter Sicht sind um diese helleren Sterne etliche schwächere zu erkennen. Insgesamt ist der Kontrast zum reichen Milchstraßenumfeld recht schwach.

NGC 6840 (Oc) (Aql)

2,5": Der Haufen ist mit indirektem Sehen auffällig, und hebt sich recht gut vom Umfeld ab. Er zeigt eine größere Ausdehnung in O-W-Richtung wobei sich jedoch schon bei 34x ein verstreutes Bild bietet. 10 schwache Sterne können bei dieser Vergrößerung aufgelöst werden.

8": Ein recht gut definierter Haufen schwächerer Sterne. Deutlich zweigeteilt. Im Südwesten befindet sich eine lockere Ansammlung weniger Sterne, während nach Nordosten hin eine klumpig verdichtete Sternkette auffällt. Bei 98x ist der Haufen vollständig aufgelöst.

NGC 6843 (Oc) (Aql)

2,5": NGC 6843 zeigt sich deutlich schwächer als sein Nachbar NGC 6840. Bei 34x sind indirekt einige sehr schwache Sterne erkennbar, wobei die Gesamtform des Haufens undeutlich bleibt.

8": Bei 126x ist der Haufen deutlich, wenn auch unauffälliger als der nahe NGC 6840. Markant sind 2 versetzte Ketten von je 3 hellen Sternen. Von diesen ausgehend sind besonders im Süden einige schwache Sterne erkennbar.

NGC 6858 (Oc) (Aql)

2,5": Zwischen 3 helleren Sternen ist der Haufen als kleiner Nebelball erkennbar. Dies gelingt nur mit indirektem Sehen, da er sehr schwach erscheint. 34x

8": NGC 6858 hebt sich gut vom Milchstraßenhintergrund ab, und seine markante Lage zwischen 3 hellen Sternen erleichtert die Suche. Markant ist eine fast kreisförmige Anordnung der Sterne im Süden des Haufens. Insgesamt können bei 126x etwa 15-20 der relativ schwachen Mitglieder ausgemacht werden.

*Mein Beobachtungsplatz ist auf einem (für Brandenburgische Verhältnisse) Hochplateau, und ich habe einen guten Rundumblick auf mehrere Kilometer. Plötzlich fällt mir ein Auto auf, das etwa 1000m entfernt auf einem parallelen Feldweg hält. Der Fahrer steigt aus und mit ihm etliche bellende Hunde. Das verursacht schon etwas Unwohlsein, und ich habe mich mit dem Teleskop direkt neben meine Autotür postiert, um einen schnellen Fluchtweg zu haben - nach einer 1/4 Stunde war der Spuk vorbei, und ich hatte meine Ruhe.*

NGC 6859 (Oc?) (Aql)

8": Obwohl diese NGC-Nummer in etlichen Referenzen als Dreifachstern geführt wird, ist sie im "Optically Visibile Open Cluster Catalog" als Sternhaufen verzeichnet. Visuell ergibt sich zumindest kein Haufeneindruck - es sind nur wenige verstreute Sterne im Norden und Westen eines 9,6mag Sternes zu erkennen. Die Nebelhafte Verdichtung im Norden ist der besagte Dreifachstern, der bei 98x noch nicht aufgelöst ist.

NGC 6852 (Pn) (Aql) 11,4mag

8": Per indirekter Sicht ist der PN schon mit 50x als sehr schwacher Nebel zu sehen. Der beste Gesamteindruck entsteht bei 126x mit UHC-Filter, wobei der Nebel als leicht ovales, ziemlich schwaches homogenes Scheibchen erscheint. Die Ringform und der Zentralstern waren nicht erkennbar. Direkt neben dem PN ist ein schwacher Stern erkennbar.

NGC 6751 (Pn) (Aql) 12,0mag

8": Einfach - schon mit der Aufsuchvergrößerung 50x erkennbar! Eine recht helle rund-ovale kleine Nebelscheibe. Bei 191x blinkt blickweise der Zentralstern aus. Phasenweise kann ich auch eine bläuliche Farbe des PN erkennen.

B 134 (Dn) (Aql) 

8": Bei 50x sind in einer ovalen Region von 10' keine Sterne zu erkennen! Beeindruckend.

B 133 (Dn) (Aql) 

8": Bei 50x erscheint der Dunkelnebel spürbar größer als der Nachbar B134. Er hat jedoch die selbe (höchste) Opazität und im Okular ist in seiner zentralen Region von ca. 10' kein Stern zu erkennen. Der Dunkelnebel wirkt dreieckig oder keilförmig.

NGC 6772 (Pn) (Aql) 14,0mag

8": Bei 126x ist der Nebel ohne Filter nur ein geisterhaftes Leuchten - die längliche Gestalt ist schwierig zu erkennen. Mit UHC-Filter verbessert sich die Sichtbarkeit sehr. Er erscheint als 2:1 elongierter, recht großer Nebelfleck mit einer kleinen Unregelmäßigkeit am Süd-Ende. Ansonsten ist die Nebelfläche relativ homogen.

NGC 6778 = 6785 (Pn) (Aql) 13,3mag

8": Bei 50x erscheint der Nebel nahezu stellar, ist aber deutlich sichtbar. 190x sind nötig um die ziemlich kleine, rund-ovale Scheibe zu erkennen. Kurioserweise erscheint er nur etwa 1/2 so groß wie etwa NGC 6751 - bei einem Blick auf das POSS-Bild zeigt sich jedoch genau das Gegenteil?!

Nachtrag: Die Lösung - bei NGC 6751 hatte ich wohl die DSS Aufnahme im blauen Spektrum, bei NGC 6778 die rote DSS-Aufnahme. Da die PN's eher im Roten sichtbar sind, erscheint der Nebel kleiner. Ein Blick auf die besser vergleichbaren POSS II-Aufnahmen bestätigt meine Beobachtung - NGC 6751 ist tatsächlich spürbar größer.

B 139 (Dn) (Aql) 

8": Dieser Dunkelnebel ähnelt von der Erscheinung her B 134, aber er ist lange nicht so dunkel wie dieser. Man kann etliche schwache Sterne über den matten dunklen Schimmer verteilt erkennen.

NGC 6775 (Oc) (Aql)

8": Ein netter kleiner Sternhaufen, der bei 50x fast nebulös erscheint. Im RNGC ist es angeblich ein "non-existent cluster", aber visuell entsteht ein Haufeneindruck der John Herschels Entdeckung nachvollziehbar macht. Mit 126x fallen 2 helle Sterne auf - südlich davon befindet sich eine Verdichtung von 4-5 Sternen. Um die Szenerie herum sind weitere teils sehr schwache Sterne verstreut.

Schlussakkord im Aquarius

Aquarius wird momentan so sehr vom Mars dominiert, das man beinahe vergisst, das es noch mehr interessante Beobachtungsobjekte dort gibt. Vor allem Galaxien, aber auch Kugelsternhaufen und einige sehr merkwürdige NGC-Objekte:

NGC 6978 (Gx) (Aqr) 13,3mag

8": Sehr schwach und nur indirekt phasen zu erkennen. Bei 126x wirkt der Nebel oval bis länglich in Nordwest-Südost-Richtung.

NGC 6977 (Gx) (Aqr) 13,2mag

8": Extrem schwach bei 126x! Indirektes Sehen und optimale Adaption sind nötig, um diesen Lichthauch zu erhaschen. Er ist nur erkennbar, wenn man die selbst schon sehr schwache Nachbargalaxie NGC 6978 einigermaßen halten kann.

M 72 (NGC 6981) (Gc) (Aqr) 9,2mag

2,5": Bei 34x ein deutlicher recht heller kleiner Nebelball mit zum Zentrum kaum ansteigender Helligkeit. Direkt daneben ist ein auffälliger 9,4mag-Stern.

8" Bereits bei 50x ist der Kugelsternhaufen auffällig und hell. Er zeigt ein vergleichsweise mattes Zentrum und ist auch bei hoher Vergrößerung nicht auflösbar.

M 73 (NGC 6994) (*Grp) (Aqr) 8,9mag

2,5": Bei 21x erscheint das Sterngrüppchen beinahe Nebelhaft, aber bei 84x ist der Haufencharakter deutlich. 2 Sterne sind einfach aufzulösen, 2 weitere nur mit indirektem Sehen erkennbar.

8" Mit 50x kann man bereits leicht den Haufencharakter und die "Y"-Form erkennen. Bei 98x entsteht fast der beste Eindruck.

*Und zum Abschluss noch ein ganz kurioses Ding*

NGC 7005 (*Grp) (Aqr)

8" Dieses Objekt erscheint fast noch etwas lockerer, als M73! Es besteht hauptsächlich aus 3 einfach sichtbaren 11mag-Sternen, die ein kleines rechtwinkliges Dreieck bilden, wobei der rechte Winkel nach Süden weist. Bei 126x kann man per indirektem Sehen noch 1-2 weitere schwache Sterne im nahen Umfeld erkennen, die man mit gutem Willen dem Haufen zuschreiben mag. Wie schon Jere Kahanpää meinte: "Vielleicht wollte d'Arrest seinen eigenen M73 haben." :-)

Zum Abschluss habe ich erstmals in der Mars-Saison einen Blick bei sehr gutem Seeing durch den 8" gehabt. Bei 190x und 380x zeigte sich die markante Teilung von Hesperia deutlich und dazu noch unzählige weitere Details - fast zu viel zum Zeichnen. Aber da der Bleistift auch noch etwas gequält werden wollte habe ich dann am 2,5" bei überschaubarer Anzahl von Details eine Zeichnung gemacht: 

[Zeichnung wird nachgereicht]

Nachdem ich die Scheiben meines Autos vom Tau befreit hatte, ging es sehr zufrieden auf den Weg nach Haus.

Clear Skies
Matthias


Visual Deep Sky Observing and CCD-Imaging: www.Serifone.de