Instrumentarium:
- 42,5"
f/4,5 Dobson (!) von Ehrhard Hänßgen
Beobachtungsort: Bahnsdorfer
Berg bei Herzberg/südliches Brandenburg
Bedingungen: Die Nacht begann ziemlich klar, doch schon bald von Westen hohe Wolken heran. Diese schienen es jedoch nicht eilig zu haben, und so waren Beobachtungen bis weit nach Mitternacht möglich. Die Grenzgröße in Draco lag bei 6m8 - aufblitzend konnte ich auch einen 7m0-Stern erkennen. Dazu war es nur schwach windig, und einigermaßen angenehm temperiert. Kurzum - einer guten Beobachtungsnacht stand so gut wie nichts im Wege.
Beobachtung:
Zeit: 20.00 Uhr - 04.00 Uhr MESZ
Wie jedes Jahr im Altweibersommer, fand auch dieses Jahr des Herzberger Teleskoptreffen im südlichen Brandenburg statt. Und schon fast traditionell hatten wir Glück mit dem Wetter. Die Veranstalter hatten sich glücklicherweise entschieden, schon am Freitag die Möglichkeiten zum Beobachten am Bahnsdorfer Berg zu schaffen. Zeitgleich fand auch die traditionelle Abendveranstaltung im Planetarium statt. Für einen Freitag war der Besucherandrang erstaunlich groß, und alle Veranstaltungen waren gut besucht. Mit von der Partie am Bahnsdorfer Berg war natürlich das Riesendob von Ehrhard Hänßgen, aber auch viele interessante Teleskope von kleinerem Kaliber.
Beobachtungen am 42,5" Dobson - dahinter Mond, Venus und die Zwillinge - © by Matthias Juchert
Nach Sonnenuntergang wurde
eifrigst beobachtet. Im Blickpunkt des 42ers standen zunächst die
Schauobjekte im Schützen. Ich hatte alle bereits 1-2x mit dieser Öffnung
betrachten können. Der erste Schock :-) des Gesamtanblicks war also
überstanden, und ich konnte mich auf Details konzentrieren. Bei M 8 war
dies der Stundenglasnebel, der dicht bei einem hellen Stern gelegen,
fantastische Feindetails offenbarte. Besonders der filigrane Dunkelnebel um
den hellen Nebelknoten hat mich fasziniert. M 20 zeigte wunderbar die
eingebetteten Dunkelnebel, die hier fast den Eindruck eines invertierten
Spiralnebels erweckten.
Dunkelnebel waren auch bei M 17 das Thema. Noch nie sind mir die
umgebenden Dunkelnebel so sehr aufgefallen. Sie erscheinen durchweg dunkler
als der Himmelshintergrund. Die zwei auffälligsten befinden sich
"vor" dem Hals des Schwans, bzw. "vor" dem unteren
Halsende. Auch unterhalb des Körpers sowie dicht über den Kopf sind zwei
abgegrenzte Regionen zu erkennen. (Anm.: Die Beschreibungen beziehen sich auf
den Anblick im umkehrenden Fernrohr). Begeisterung löste M 11 aus. Es
war wohl das erste Mal, dass ich sagen kann, ich habe den Haufen wirklich
komplett aufgelöst gesehen - zumeist mit Zwischenräumen zwischen den
Sternen. Der übliche Restnebel der auch in mittelgroßen Teleskopen bleibt,
war verschwunden. Nun wurde auch erkennbar, das sich die so bekannte
Dreiecksform langsam auflöste, weil viele 16m-Sterne auch außerhalb dieser scharfen
Grenzen erkennbar waren.
Nun zu den Detailbeobachtungen,
die ich zusammen mit Martin Fiedler vom Astroclub Radebeul im Umfeld einiger
Showpieces durchführte.
Galaxien im
Umfeld von M 13
Wenn man schon mal einen 42,5" vor sich hat, sollte man auch die Gelegenheit nutzen, ihn mal auszureizen. :-) Die Gelegenheit bot sich, als in der Reihe der Schauobjekte M 13 auf dem Plan stand. Nachdem ich beim ersten Blick durchs Okular nur auf die Schnelle NGC 6207 und IC 4617 geortet hatte, stocherte Martin noch im etwas weiteren Umfeld herum, und fand eine nette Dreierkette. Das motivierte uns beide, und plötzlich wollten alle Besucher die Hintergrundgalaxien sehen. :-) Von wegen Faint Fuzzies sind nichts für die Masse...
NGC 6207 (Gx) (Her) 11,4mag
Ziemlich helle Galaxie, die eine elongierte Gesamtform mit einem hellen
Zentrum zeigt. Auf den ersten Blick sind im Halo bereits Strukturen erkennbar,
die besonders südlich des Kerns unübersehbar sind. Allerdings ergibt sich
kein typisches Spiralmuster. Die Strukturen wirken eher unregelmäßig über
den Halo verteilt.
IC 4617 (Gx) (Her) 15,2mag
IC 4617 ist eine weitere sehr schwache Galaxie, die von einen prominenten
Messier-Nebel in ihrer direkten Nachbarschaft begleitet wird. Der große
Kugelsternhaufen M 13 befindet sich nur 15' südlich. Wie bei dem ähnlichen
Fall IC 1296, ist auch hier Barnard der Entdecker. Er beobachtete visuell am
36" Refraktor. Insgesamt ist IC 4617 eine unspektakuläre Galaxie, von
deren Typ und Helligkeit es am Himmel unzählige, ähnliche Objekte ohne
NGC/IC-Nummer am Himmel gibt. Der helle Kern der Galaxie ist einfach
erkennbar, während sich der kleine elongierte Halo erst nach einiger
Beobachtung erschließt. Ein markantes Muster aus fünf 14m-Sternen, direkt
östlich der Galaxie, macht die Aufsuche zum Kinderspiel.
[Zeichnung von IC 4617 am 42,5" Dobson - © by Matthias Juchert]
*Die folgenden 3 Objekte fanden sich dann schon in etwas Abstand zu M 13 - genauer gesagt etwa 1° südwestlich, was im Dobson etwa 2-3 Feldern bei mittlerer Vergrößerung entspricht. *
NGC 6196 (=IC 4615) (Gx) (Her) 13,0mag
Hellste Galaxie einer Dreierkette zusammen mit NGC 6197 und IC 4614. Die
Galaxie ist sofort direkt sichtbar, und zeigt einen hellen Kern, in einem
deutlich elongierten Halo. Sie ist auch mit Abstand die größte Galaxie der
Gruppe. Die Galaxie wurde von A. Marth
entdeckt (NGC 6196 = m. 311). Aufgrund der schlechten Position von Marth,
konnte Bigourdan bei der späteren Wiederbeobachtung kein Objekt an der
angegeben Position finden. Dafür entdeckte er im Umfeld eine kleine Gruppe
von Galaxien, die im IC die Bezeichnungen IC 4613 - IC 4616 erhielten.
Während IC 4613 nur ein Stern ist, existieren die anderen 3 Galaxien
tatsächlich. Dabei ist jedoch IC 4615 mit Marth's Entdeckung identisch. Die
Nachbargalaxie NGC 6197 ist identisch mit seiner IC 4616. Allein IC 4614
verbleibt als Neuentdeckung.
NGC 6197 (=IC 4616) (Gx) (Her) 14,6mag
NGC 6197 ist die zweithellste Galaxie in der kleinen Kette um NGC 6196. Sie
ist zwar merklich schwächer, aber mit 42,5" ein einfaches, direkt
sichtbares Objekt. Sie zeigt einen kleinen, ovalen Halo mit hellem Kern. Die
Bezeichnung IC 4616 geht auf eine Wiederentdeckung durch Bigourdan zurück
(mehr dazu unter NGC 6196).
IC 4614 (Gx) (Her) 14,5mag
IC 4614 ist die schwächste Galaxie in der Kette mit NGC 6196 und NGC 6197.
Sie zeigt nur einen relativ schwachen, rundlichen Halo mit allenfalls
angedeuteten Kern. (Mehr zur Entdeckungsgeschichte unter NGC 6196).
*Auch die Galaxie NGC 6194, in der Nähe der Gruppe habe ich beim herumschwenken noch gesehen. Danach ging es wieder zu helleren Zielen - der Andromedanebel im 42,5"? Das wäre schon mal was, dachten wir uns.*
M 31 (Gx) (And) 3,5mag
Gigantisch! Die Galaxie erstreckt sich bei kleiner und mittlerer
Vergrößerung schier unendlich weit durch die Gesichtsfelder. Die beiden
Dunkelbänder nördlich des Kerns treten so deutlich hervor, als wenn ein
Flugzeug zwei schwarze Kondensstreifen auf der Nebelfläche hinterlassen
hätte. Der Kern selbst wirkt wie der Kopf eines sehr hellen Kometen. Er ist
stark kondensiert, und bleibt auch bei Steigerung der Vergrößerung noch
flächig. Strukturen zeigen sich beim abfahren der Arme jedoch relativ wenige.
Der reine Wahnsinn ist jedoch die eingebettete Assoziation NGC 206.
Erstmals war für mich erkenntlich, wieso diese eine eigene NGC-Nummer
bekommen hat. Meilenweit vom Kern entfernt zeigt sich hier eine gut
abgesetzte, recht helle Wolke. Mit indirekter Sicht sind 2-3 deutlich Sterne
in ihr, sowie andeutungsweise etliche sehr schwache Mitglieder erkennbar. M 31
löste sich also langsam in die hellsten Einzelsterne auf!! Auch die beiden
Begleitgalaxien M 32 und M 110 waren ein optischer Hochgenuss. Während M
32 einfach sehr hell und groß, aber strukturlos blieb, wurde M 110
interessant. Neben den eingebetteten Sternen (mind. 6-7!), konnte ich auch
sehr schwache Dunkelstrukturen erkennen. Nach Kugelsternhaufen haben wir
leider nicht gesucht, aber wir wären sicherlich fündig geworden.
NGC 891 und Abell 347 im Visier
Nach einigen anderen Objekten, war es später um den 42er-Dobson etwas ruhiger geworden - die meisten Beobachter hatte sich zu gemütlichen Gesprächen an ihre eigenen Geräte, oder an die Jagdhütte zurückgezogen. Nachdem Ehrhard noch ein der schönsten Edge-On's am Himmel eingestellt hatte, begaben sich Martin und ich noch einmal auf eine Tour durch die Welt der entfernten Galaxien. Direkt neben NGC 891 findet sich nämlich mit Abell 347 ein Galaxienhaufen, der über eine gute Anzahl, hellerer Galaxien verfügt. Allein 9 NGC-Galaxien versammeln sich hier.
NGC 891 (Gx) (And) 10,1mag
NGC 891 ist mit über 1m-Öffnung .... eine relativ schwache Galaxie? Das
Staubband sieht man deutlich. Im Halo ist über die gesamte Fläche deutlich
strukturiert, ohne jedoch definitive Knoten zu zeigen. Dann bemerkten wir, das
der UHC-Filter noch hinter dem Okular war!! :-)) Also UHC-Filter im Filterrad
weggedreht, und siehe da - wir haben eine helle Galaxie vor uns! Allerdings
erscheint das "mottling" des Galaxienkörpers mit Filter deutlicher.
Bei mittlerer Vergrößerung füllt die Galaxie locker das halbe Gesichtsfeld.
Das hat schon was von NGC 4565.
*Mit NGC 891 als Referenzpunkt, und meiner Aufsuchkarte machten wir uns auf die Suche. Einer stand unten mit der Karte und beschrieb die Lage, während der andere sich orientierte, und sich so viele Einzelheiten wie möglich merkte. Das alles funktionierte recht gut, und wir bekamen eine schöne Anzahl an Galaxien zusammen. Die ersten 3 Galaxien waren relativ leicht anhand einer Kette von drei 9-10m-Sternen zu identifizieren.*
NGC 909 (Gx) (And) 13,7mag
2' nordöstlich eines 9m8-Sterns fällt diese Galaxie als recht schwacher,
aber deutlich sichtbarer, kleiner Nebel auf. Das Zentrum erscheint leicht
aufgehellt. Trotz des scheinbar geringeren Helligkeitswertes, erscheint die
Galaxie heller als der Nachbar NGC 906.
NGC 906 (Gx) (And) 13,0mag
NGC 906 ist visuell eine der ausgedehntesten Nebel in Abell 347. Dafür zeigt
die schwache Spirale eine geringe Flächenhelligkeit und eine diffuse
Gesamterscheinung. Das Zentrum erscheint nur minimal betont.
NGC 911 (Gx) (And) 12,8mag
Nur 2' südlich eines etwas störenden 9m3-Sterns, befindet sich diese
auffällige Galaxie des Abell 347-Clusters. Sie erscheint ähnlich wie NGC 909
recht schwach, aber deutlich, mit einem kleinen, elongierten Halo.
NGC 914 (Gx) (And) 13,0mag
NGC 914 ist eine der nördlichsten Galaxien in Abell 347. Sie zählt dabei zu
den 5-6 hellsten Galaxien. Bei mittlerer Vergrößerung erscheint ein recht
schwacher, aber deutlicher Nebel, der auch durch seine Ausdehnung
auffällt.
NGC 910 (Gx) (And) 13,0mag
Neben NGC 898 vielleicht die hellste Galaxie im Galaxienhaufen Abell 347. NGC
910 erscheint auffällig und recht hell. Sie ist zudem recht groß, wobei die
Ausdehnung etwa der von NGC 914 oder NGC 906 entspricht. Die Galaxie erscheint
nahezu perfekt rund.
*Auf der Suche nach NGC 912 und NGC 913 entdeckte ich noch 2 non-NGC-Galaxien. Es waren noch einige weitere schwache Objekte erfassbar, die ich jedoch nicht alle dokumentiert habe.*
UGC 1866
(Gx) (And) 14,8 B mag
Eine schwache Galaxie zwischen NGC 911 und NGC 910, die jedoch mit indirekter
Sicht eindeutig erkennbar ist. Sie zeigt eine kleine, elongierte Form ohne
besonders betontes Zentrum. Dicht an der Nordflanke befinden sich 2 schwache,
aber trotzdem fast schon störende Sterne.
LEDA 9203 (= ZWG 539-18) (Gx) (And)
15,7 B mag
Eine ziemlich schwache Galaxie auf der Mitte der Verbindungslinie zwischen NGC
910 und NGC 911. Sie erscheint nur als kleiner, diffuser Nebel. Indirektes
Sehen ist notwendig. Er sehr schwacher Stern befindet sich direkt östlich
neben dem Nebel.
NGC 912 (Gx) (And) 14,1mag
NGC 912 ist die hellere Galaxie des Paares zusammen mit NGC 913. Sie erscheint
schwach, und ist nur phasenweise mit direkter Sicht erkennbar. Der Halo zeigt
eine ovale Gesamtform mit einem auffälligen Kern.
NGC 913 (Gx) (And) 15,0mag
Nur 1' nördlich der schwachen Galaxie NGC 912, findet sich mit NGC 913 das
schwächste NGC-Mitglied von Abell 347. Sie ist sogar schwächer als einige
non-NGC/IC-Galaxien! Mit indirekter Sicht zeigt sich ein blasser, diffuser
Nebel mit undefinierbarer Gesamtform. Stephan entdeckte die Galaxie mit dem
31,5" Reflektor in Marseille.
NGC 898 (Gx) (And) 13,1mag
Knapp ein halbes Grad südlich der berühmten NGC 891, findet sich mit NGC 898
fast eine Kopie dieses Objektes. Allerdings erscheint die Galaxie schwächer,
kleiner und ohne Staubband. Trotzdem handelt es sich noch um eine recht helle,
und schöne Galaxie mit einer auffälligen 3:1-Elongation des Halos. Lohnend!
NGC 923 (Gx) (And) 13,7mag
NGC 923 ist eines der östlichsten Mitglieder von Abell 347. Die Galaxie ist
recht schwach, aber doch deutlich erkennbar, und auch mit direkter Sicht kein
Problem. In ihrem rundlichen Halo sitzt ein deutlich sichtbarer Kern.
Der Cirrusnebel versinkt im Cirrus
Langsam aber stetig schoben sich einige hohe Wolken, die sich bereits den gesamten Abend am Westhorizont hielten, über den gesamten Himmel. Teilweise durch diese hindurch(!), wurden dann weit nach Mitternacht noch einige Schauobjekte betrachtet. Der Cirrusnebel sah immer noch ganz fantastisch aus, auch wenn mir mein erster Anblick im vergangenen Jahr, wohl ewig in Erinnerung bleiben wird, und für mich persönlich nicht mehr zu überbieten ist. Durch die Wolken haben wir dann auch noch M 42 eingestellt, aber da war selbst mit 42" nicht mehr viel auszurichten. So klang die erste Nacht des 5. HTT friedlich mit dem Aufgang von Mond und Venus aus. Ich brach am nächsten Morgen wegen anderer Verpflichtungen und Schlechtwetterankündigung wieder auf, während andere tapfere Beobachter durchhielten, und sogar noch mit einer zweiten (halbwegs) klaren Nacht belohnt wurden.
Clear Skies
Matthias
* Visual Deep Sky Observing and CCD-Imaging: www.Serifone.de *